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Eduard Möricke – Septembermorgen

Dieses Gedicht ist ein Fundstück aus Bad Urach. Eduard Möricke (Lyriker und Pastor in der Biedermeierzeit) war als Schüler in Bad Urach. Als 14-jähriger kam er 1818 in die Stadt, besuchte das evangelische Seminar und blieb vier Jahre.

Septembermorgen

Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.

Eduard Möricke (1828)

Das Gedicht entstand zu einer Zeit, als Möricke seine Ausbildung in Bad Urach und Tübingen abgeschlossen hatte und Vikar geworden war. Vielleicht entstand es als Erinnerung an seine Zeit an den Hängen der Schwäbischen Alb.

Ich kann mich erinnern, dass es bei meiner ersten Begegnung mit Bad Urach auch Herbst war und in den Baumwipfeln an den Berghängen hingen die Wolkenfetzen wie herausgezupfte Flocken aus Zuckerwatte.

Das Licht des neuen Tages steigt hier nicht, wie im Flachland, einfach aus dem Horizont, sondern ergießt sich vom Gipfel der Berge aus langsam ins Tal. Bei Besuchen in den Bergen bin ich immer fasziniert von den wandernden Schatten des Vormittags an den Hängen. Die Sonne selbst ist noch hinter dem Gipfel verborgen, während ihre Strahlen die Schattenlinie am Hang gegenüber beständig ins Tal hinabdrücken. Immer wieder, an jedem sonnenklaren Tag, zu jeder Jahreszeit.

Ich war im Frühjahr 2022 in Bad Urach und habe an einer Hauswand das Wandrelief mit dem Gedicht entdeckt. In meiner Blog-Rubrik „Unterwegs“ findet ihr einige Beiträge über Bad Urach und die Schwäbische Alb.

(c) Lutz Schafstädt – 2022
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