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Drachen bauen

Der Junge bastelt. Hier wächst gleich sein Drachenflieger. Selbst gemacht. Leisten, Kleber, Schnur und Papier liegen verstreut herum. Noch bevor die Einzelteile zueinander gefunden haben, fliegt der Drache bereits – in der Fantasie des Jungen. Er stellt sich vor, wie der Herbstwind ihn ergreift, die Wiese zur Startbahn wird, die Schnur von der Rolle surrt, er flink in den Himmel steigt. Das wird schön. Alle werden staunen. Schaut nur her! Ich halte ihn sicher und fest.

Der Vater kommt ins Zimmer und fragt. Klappt alles? Hast du ihn richtig ausbalanciert? Wird der Schwanz nicht zu schwer? Hast du genug Schnur? Das Papier dürfte zu dünn sein. Zeig mal her. Hol mir schnell den Werkzeugkasten.

Der Vater baut. Siehst du, so ist es besser. Jetzt kannst du ihn noch lustig bemalen, wenn du willst.

Doch der Junge ist weg. Zum Spielen. Lautlos verschwunden.

Der Drache lehnt in der Zimmerecke. Ihm fehlt ein Gesicht. Was Wind ist, weiß er nicht.

Schade, sagt der Vater, da steckt so viel Arbeit drin.

Morgen, vielleicht, sagt der Junge, da lassen wir deinen Drachen steigen.

Er hegt leise Zweifel, ob er auch einmal die Schnur wird halten dürfen.

(c) Lutz Schafstädt – 2022
Meine Miniaturen: Kurze Texte, kleine Ideen, spontane Gedanken.

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