Wer vom Nationalpark Jasmund auf der Insel Rügen noch nichts gehört hat, dem sind wahrscheinlich Stubbenkammer und Königsstuhl trotzdem ein Begriff. Die Kreidefelsen sind weltberühmt, die Kliffküste mit ihren Buchenwäldern wunderschön.
#windlandwoche
November 2022 | Königsstuhl, Kreidefelsen und Caspar David Friedrich. Sofort weiß jeder, wo wir auf Rügen sind. Nur wenige Besucher der Insel haben die leuchtend weißen Felsen über karibisch blauen Ostseewellen noch nie gesehen. Auch wir kennen sie – und nachdem wir kürzlich am Kap Arkona erlebt haben, wie wenig abseits der Saison los sein kann, fahren wir diesmal nicht zu den berühmten Felsen am Nationalpark-Zentrum.
Wir wollen in den herbstlichen Buchenwald nahe der Kreideküste und starten unsere Wanderung in Lohme. Hoch über der Küste gibt es von hier einen herrlichen Arkonablick, den, wie wir erfahren, sogar Theodor Fontane, von der Veranda des damaligen Strandhotels Ostseebad Lohme aus, schon bewundern durfte. Zum Hafen hinunter führt eine Treppe steil in die Tiefe, ein schmaler Weg am Rande des Abgrundes führt in die Buchenhaine der Steilküste hinein. Wir bleiben oben, erfreuen uns an der Herbststimmung und rascheln mit den Füßen im rotbraunen Laub.
Nachdem der Baumvorhang den Blick zum Dorf verschlossen hat, fühlen wir uns wie in einem Zauberwald. Die verschlungenen Wurzeln der Buchen klammern sich, halb freigeweht, an die steile Böschung. Der Weg wird schmal und wandelt sich zu einem urwaldartigen Trampelpfad. Steil strebt die Böschung der Ostsee zu, die zwischen den Baumstämmen blinkt und nicht vom Blau des Himmels zu unterscheiden ist. Der Wind singt in den Wipfeln und es duftet nach Wald.
Wir tippeln über die Kreideküste hinweg, in der Ferne ziehen Schiffe ihre Bahn, Zweige knacken unter unseren Füßen. Ein Waldspaziergang, eigentlich ultimativ ereignislos, und doch denke ich oft, gern und mit Freude daran zurück.
Hier enden meine Notizen von unserem Besuch im Windland auf Rügen. Wir haben natürlich nicht nur permanent Ausflüge gemacht. Die unerwähnt gebliebene Zeit verbrachten wir schlicht mit Erholung. Schlendern am Strand, reglos auf einer Bank den Sonnenuntergang erwarten, irgendwo einkehren, ein Gläschen genießen, die Heizung andrehen, durch das Fenster nach Regenwolken Ausschau halten oder dem Wind beim Rütteln in den Baumwipfeln zuschauen. Durchatmen, entspannen, dösen. Und schließlich: packen und abreisen.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen