Schlepzig ist ein niedersorbisches Dorf im Unterspreewald, etwa auf halber Strecke zwischen Märkisch Buchholz und Lübben. Der Spreewald rund um Schlepzig ist besonders ursprünglich und naturnah. Vom Kahnhafen aus können Rundfahrten unternommen oder Kanus ausgeliehen werden.
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August 2010 – Unser erster Besuch in Schlepzig. Der Tag war sommerlich warm, doch von häufigen Schauern durchsetzt. Das Wasser stand hoch in den Gräben und Kanälen. Als wolle die Spree aus ihrem Bett heraus, waren Ufer und Stege überspült, stand die Nässe auf den Wiesen, sauste der Fluss dahin.
Wohl dem wechselhaften Wetter geschuldet, waren nicht viele Besucher im Ort. Wir fanden problemlos einen Parkplatz, spazierten ein wenig durch das Dorf und gönnten uns in der Nähe des Kahnhafens einen Kaffee im Freien. Die Anzahl der Tische und Bänke deutete darauf hin, dass man hier ganz anderen Ansturm kannte.
Ein hübsch angelegter See mit Liegewiese und Holzbrücke in einer parkähnlichen Wiesenlandschaft, über der gerade aus einer Wolkenlücke heraus die Sonne lachte, lockte uns an. Nach wenigen Schritten durch das Gras mussten wir die Sandalen ausziehen. Gurgelnd quoll Wasser aus dem sumpfigen Untergrund, in dem wir knöcheltief versanken.
Wir besuchten ein paar Kühe, die uns mit trägen Kopfbewegungen nur beiläufig registrierten. Ein Greifvogel flog über unsere Köpfe hinweg. Noch ehe wir ihn erkennen und benennen konnten, war er hinter den Bäumen verschwunden.
Würde das sonnige Wetter die nächste Stunde halten? Die Wolken zogen schnell und sahen schwer beladen aus. Doch man kann nicht in Schlepzig gewesen sein, ohne eine Kahnfahrt gemacht zu haben. Also gingen wir zum Hafen und warteten auf die nächste Abfahrt.
Der Unterspreewald ist Biosphärenreservat, erklärte uns der Kahnführer. Die Eingriffe des Menschen in die Natur sollen schrittweise wieder rückgängig gemacht werden, damit der Spreewald hier wieder seine Ursprünglichkeit entfalten kann. Wer den Spreewald von Kahnfahrten in Lübbenau und anderswo kennt, wird erstaunt sein. Fast keine Gärten, Häuser und Stege säumen hier das Ufer, sondern wirklich nur die Natur. Sie fühlt sich an wie ein Urwald, mit wuchernden Büschen und abgeknickte Bäume. Mit ein wenig Vorstellungskraft meint man fast, den Amazonas auf einer Entdeckungsreise zu befahren.
Eine Ringelnatter kreuzte unseren Weg. Wir mussten uns mehrfach ducken, um herabhängenden Ästen auszuweichen. Von den Bäumen rieselten die Tropfen der längst abgezogenen Schauer herab. Spreewaldidylle ringsum, von der unser Kahn-Kapitän in vielen Anekdoten zu erzählen wusste.
Um über den Puhlstrom zu setzen, der im Grunde wie eine Schnellpiste für das Spreewasser ist, musste der Motor angeschaltet werden, damit wir der munteren Strömung wieder entkommen konnten. Unerwartet deutlich trieben wir ab, als seien wir in Stromschnellen geraten. Doch schon im nächsten Nebenarm wurden die Spree und ihre Fließe wieder beschaulich. Die Rundfahrt endete an ihrem Ausgangspunkt im Dorf. An einem Hofladen kauften wir uns noch spreewald-aromatische Tomaten für das Abendessen und es begann erst zu regnen, als wir schon wieder im Auto saßen und uns auf den Heimweg machten. Manchmal kann Himmelsschleusenwärter Petrus also auch nett sein.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
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