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Raumfahrtausstellung im Vogtland

Wir sind in Morgenröthe-Rautenkranz, das liegt in Sachsen, im Übergangsbereich vom Erzgebirge zum sächsischen Vogtland. Die Raumfahrtausstellung liegt direkt an der B283.


Mai 2011 | Morgenröthe-Rautenkranz. Das ist doch mal ein schöner Name für einen Ort. Wie melodisch und anheimelnd. So hübsch, wie die Berghänge ringsum. Im Tal, zwischen Fernstraße und Bahngleis, plätschert die Zwickauer Mulde. Bald schon hat sie zwischen Bäumen und Wiesen ihre Freiheit zurück. Hier lässt sich gut wandern und Wintersport treiben, hier sind Bergbautradition und Kunsthandwerk verwurzelt. Sehr erzgebirgisch ist es hier, das Vogtland. Und jeder, der in der DDR aufgewachsen ist, weiß, hier ist die Heimat unseres Fliegerkosmonauten Sigmund Jähn.

Im Sommer 1978 flog Sigmund Jähn als erster Deutscher zur russischen MIR-Station hinauf ins All. Mit einer ständigen Ausstellung wurde sein Geburtsort Morgenröthe-Rautenkranz kurz darauf zum Wallfahrtsort für Kosmos-Begeisterte. Mitte der achtziger Jahre war ich zum ersten Mal hier, damals wurde die Heldentat noch im Bahnhofsgebäude gewürdigt. Heute gibt es einen modernen Bau – mit blauer Hülle und dem Charme einer Lagerhalle. Doch das funktionelle Gebäude beherbergt eine Schau, deren Besuch sich lohnt. Die „Deutsche Raumfahrtausstellung“ zur Geschichte der Raumfahrt und Weltraumforschung hat den einst auf die sowjetischen Erfolge eingeengten Blick erweitert, zu den Kosmonauten haben sich die Astronauten gesellt, außer Sojus-Raketen starten auch Modelle von Apollo und Ariane in ihre imaginären Umlaufbahnen. Und was ich dazugelernt habe: Auch Ulf Merbold, der erste Bundesbürger im All, war einst im Vogtland zu Hause.

Auf dem Freigelände wurde ein Planetenpark angelegt, der unser Sonnensystem (ich unterstelle maßstabsgetreu) darstellt und eine Ahnung von den Dimensionen außerhalb unseres irdischen Daseins bietet. Neben dem Spielplatz steht wie ein Denkmal eine originale MiG 21, das Jagdflugzeug von Sigmund Jähn, dessen Laufbahn militärisch begonnen hat.

In der Ausstellung finden sich Raumanzüge, Raketenmodelle, Bilder und technische Geräte, die einen vielseitigen Einblick in die Entwicklung der Weltraumforschung geben – vom Sputnik bis zur ISS. Eine besondere Anziehungskraft auf die Besucher hat das Trainingsmodul der MIR-Station. So ging es also zu, in der Schwerelosigkeit. Verblüfft schauten wir, wie schlicht, wie einfach, wie untechnisch, wie russisch das heute alles wirkt. Wie beengt die Kosmonauten teils über Monate gelebt und gearbeitet haben. Unvorstellbar. Und gegen die Tücken der Schwerelosigkeit halfen Riemchen und Haltegurte, kleine Schubladen und versteckte Fächer. Eine kleine Luke zum Andocken der Sojus-Kapsel, der einzige Weg zurück in die Welt. Und die Toilette – für uns Erdgebundene besonders interessant.

Wieder am Eingang, fragte ich die Kartenverkäuferin, ob nicht früher auch die originale Landekapsel zu sehen war, signiert von Jähn und Bukowski, nachdem sie in der kasachischen Steppe gelandet waren. „Nein, nie“, rief gleich einer der Einheimischen aus der zweiten Reihe. In dieser Frage trog mich die Erinnerung. Es wird sich wohl um ein Foto gehandelt haben – stand nicht sogar Sigmund Jähn neben dem Landemodul, noch mit dem Stift in der Hand? Und dann erinnerte ich mich, wie wir am 3. September 1978 alle vor dem Fernseher saßen. Ich war Lehrling damals. Die Arbeit wurde unterbrochen, wir gingen hinaus und schauten gebannt auf den kleinen Schwarz-Weiß-Bildschirm, den man in den Schatten eines Baumes gestellt hatte. An Fallschirmen segelte die Kapsel herab und wir drückten die Daumen für die letzten Meter. Was waren wir stolz auf ihn, unseren Kosmonauten Sigmund Jähn.

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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