Potsdam ist von der Havel und ihren Seen umgeben. Die Anlegestelle der Ausflugsdampfer der Weißen Flotte ist mitten in der Stadt, unterhalb der Langen Brücke, gleich neben dem Stadtschloss. Die Schlösserrundfahrt ist der Klassiker der Schiffstouren, sie führt über den Tiefen See zum Jungfernsee und an den schönsten Parks und Hohenzollern-Schlössern vorbei.
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Mai 2018 | Auf der Potsdamer Havel war ich schon oft unterwegs, mit dem Wassertaxi, mit dem Floß, mit dem Dampfer. Ich kenne Schwielowsee und Wannsee, den Tiefen See und den Jungfernsee. Sie alle sind durch die Havel miteinander verbunden und wer in Potsdam etwas gelten wollte, hat sich an den malerischen Ufern ein Schloss, einen Park oder eine Villa errichtet. Kurz gesagt, es gibt viel Schönes zu sehen. Seltsamerweise habe ich nur wenige Fotos von früheren Touren. Diesmal habe ich mir jedoch vorgenommen, die Rundfahrt ausführlich zu dokumentieren. Also: Alle Mann an Bord.
Potsdam wird überall von der Havel umarmt. Mit dem Sacrow-Paretzer Kanal ist die Stadt sogar zur Insel geworden und kann mit dem Schiff umrundet werden. Der Reiz der Havelseen hatte es schon den preußischen Regenten angetan, und sie richteten viele ihrer Schlösser und Parks nach der Flusslandschaft aus. Das Schloss Sanssouci gehört nicht dazu, doch selbst dort sind die Teiche im Park mit der Havel verbunden und die Fontänen der Parkpromenade werden von einem als Moschee getarnten Pumpenhaus an der Neustädter Havelbucht gespeist. Doch genug der Vorrede, das Schiff legt im Hafen neben dem ehemaligen Stadtschloss ab und unterquert die Lange Brücke Richtung Freundschaftsinsel.
Über die Freundschaftsinsel hinweg sind das Palais Barberini und die Kuppel der Nikolaikirche am Alten Markt zu sehen. Die Nuthemündung zieht vorbei, gegenüber erhebt sich der Neubau am ehemaligen Standort der vom Krieg getilgten Heilig-Geist-Kirche. Gleich nebenan der Beginn des ehemaligen Stadtkanals, der einst zugeschüttet wurde und nun wieder erstehen soll. Alles sehenswerte Stationen, doch um euch nicht mit einer Bilderflut zu langweilen, wird es nicht von jeder Station ein Foto geben. Hier muss es genügen, euch mit ein paar Beispielen Lust darauf zu machen, die Runde an einem schönen Tag selbst einmal zu drehen.
Fahren wir also weiter durch die Humboldtbrücke und stellen uns vor, wie auf der rechten Seite der Park Babelsberg vorbeizieht – der Flatowturm, die Gerichtslaube, das Matrosenhaus, die Fontäne, das Schloss – alles eingebettet in üppiges Grün. Dann wenden sich alle Blicke der Glienicker Brücke zu, dem Schauplatz der berühmten Agentenaustausche und Symbol der deutschen Teilung. Die Mitte der Glienicker Brücke markierte einst die streng bewachte Grenze nach Westberlin.
Wir orientieren uns weiter nach rechts und fahren vorbei am Schlossgarten Glienicke. Diese Uferseite gehört bereits zu Berlin war zu Zeiten der Mauer für Potsdamer unerreichbar. Das Schloss Glienicke bleibt hinter Bäumen verborgen, umso stolzer präsentiert sich das Casino Glienicke, im Stil einer italienischen Villa errichtet und in strahlendem Weiß. Hinter dem Gasthaus Moorlake in einer kleinen Havelbucht bäumt sich die Uferböschung zu ansehnlichen Hügeln auf. In den Hang gebaut ist das russische Blockhaus Nikolskoe zu sehen, das von der familiären Verbindung der Hohenzollern zum Zarenhof zeugt. Daneben steht die Kirche St. Peter und Paul, gleichsam abgelegen mitten im Wald – und entstanden auf Wunsch einer preußischen Prinzessin, die später einmal Zarin wurde und dort ein Glockenspiel wollte, das über die Havel bis zur Pfaueninsel klingt.
Blickfang der Pfaueninsel ist das kleine weiße Schloss an seinem Ufer, das aus sentimentalen oder romantischen Gründen schon als Neubau wie eine Ruine wirken sollte – jedoch allen Ansprüchen seiner königlichen Nutzer genügen musste. Über die Pfaueninsel gäbe es noch viel zu erzählen, doch wir müssen uns damit begnügen, kurz die imposante Kulisse zu genießen. Das Schiff dreht bei und nimmt Kurs auf den Jungfernsee.
Wie ein festgemachtes Schiff steht die Sacrower Heilandskirche mit ihren schönen Arkadengängen direkt am Fluss. Wieder ein sehr italienisches Ensemble. Der freistehende Glockenturm – den man natürlich Campanile nennen muss – war fast 29 Jahre lang Bestandteil der Berliner Mauer und die Kirche selbst lag unerreichbar im Niemandsland. Mit der Restaurierung nach der Wende sind die Spuren der Verwahrlosung endlich verschwunden. Auch der Neue Garten, dem wir nun nahekommen, endete lange nicht am Ufer, sondern einem Grenzzaun.
Eremitage und Muschelgrotte stehen direkt am Havelufer, sind durch die Wanderwege im Park miteinander und dem malerischen Schloss Cecilienhof verbunden. Das Schloss wurde erst in der Zeit des Ersten Weltkrieges als letztes Bauprojekt der Hohenzollern im englischen Landhausstil errichtet. Im Sommer 1945 war es Schauplatz der Potsdamer Konferenz, auf der die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges über die Nachkriegsordnung entschieden.
In Höhe der Meierei, die vor Zeiten die Hofgesellschaft zu versorgen hatte und heute ein Brauereigasthaus ist, wird erneut gewendet und es geht auf dem Jungfernsee wieder zurück Richtung Stadthafen. Die Fahrgäste werden darauf aufmerksam gemacht, eine der schönsten Sichtachsen der Potsdamer Schlösserlandschaft nicht zu verpassen. Auf dem fahrenden Schiff öffnet sie sich nur einen kurzen Moment: Durch eine Lücke in den Parkbäumen kann man das Marmorpalais am Heiligen See erkennen, auf der entgegengesetzten Seite ist gleichzeitig das ferne Schloss der Pfaueninsel zu sehen. Doch wie gesagt, die gedachte Verbindung besteht nur für wenige Sekunden. Bei einem Spaziergang im Neuen Garten kann man sie auskosten, solange man will. Wir nähern uns wieder der Glienicker Brücke, vorbei an der sehr skandinavisch anmutenden Kaiserlichen Matrosenstation Kongsnaes und der Villa Schöningen.
Hinter der Glienicker Brücke steuern wir auf das Schloss Babelsberg zu – eine Mischung aus englischer Gotik und mittelalterlicher Burgenromantik. Das Schloss, an dem Schinkel, Persius und Prinzessin Augusta ihre Spuren hinterlassen haben, und der Park, der von Lenné geplant und von Fürst Pückler vollendet wurde, sind unbedingt einen eigenen Besuch wert. Der Wunsch, alles noch einmal aus der Nähe zu sehen, ist spätestens erwacht, wenn man die Havelfontäne passiert.
Kurz vor der Humboldtbrücke geht es vorbei am Kulturstandort Schiffbauergasse. Wie der Name erahnen lässt, wurde hier früher schwer gearbeitet, heute prägt keine Gasanstalt, sondern das Hans-Otto-Theater das Ufer. Die Potsdamer Innenstadt ist erreicht. Ein letzter Blick auf die Freundschaftsinsel und schon werden die Haltetaue zur Anlegestelle hinübergeworfen.
Mit der Schlösserrundfahrt lassen sich die wichtigsten Potsdamer Sehenswürdigkeiten am Wasser auf einen Streich entdecken. Ich hoffe, ihr habt Lust bekommen, die Fahrt auf der Havel einmal selbst zu erleben. Sie dauert nur 90 Minuten und lässt sich prima mit einem Sanssouci-Besuch verbinden. Erst ein paar Stunden entlang der Parkwege schlendern und dann, die müden Beine ausgestreckt, ganz entspannt mit dem Schiff Schlösser und Landschaft schauen – am besten bei einem Glas Berliner Weiße mit Schuss. Meist Waldmeister. Ich kann euch nicht sagen warum. Ist eine Art Tradition wie der Tomatensaft im Flugzeug.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen