Brandenburg ist die namensgebende „Wiege der Mark“. Die Geschichte der Stadt und des Landes Brandenburg begann mit der Gründung eines Bistums auf der Dominsel im Jahre 948. Nach Berlin – an das damals noch nicht zu denken war – sind es etwa 60 Kilometer.
#brandenburghavel
August 2018 | Brandenburg ist eine Stadt am Fluss, durchzogen von Havelarmen und Kanälen, umgeben von großen Seen. Wer sich auf das Wasser begibt, lernt die Idylle in ihrer Vielfalt und aus unmittelbarer Nähe kennen.
Brandenburg hat sich herausgemacht, in den letzten Jahren. Die Zahl der schönen Ecken der Stadt wird stetig größer. Nach und nach verschwindet der Grauschleier aus den Zeiten von Stahlindustrie und Vernachlässigung. Unübersehbar wird Staub gewischt, aufpoliert und erneuert. Wir sind oft hier und schauen der der Entwicklung zu. Heute wollen wir endlich Brandenburg von der Havel aus entdecken. Bei einer Dampferfahrt.
Zunächst geht es Richtung Domstreng in eine Sackgasse. Schon nach wenigen hundert Metern stellt sich dem Flusslauf ein Häuserriegel in den Weg. Das Schiff muss wenden, doch ohne diesen Abstecher würde uns der Blick zur Dominsel entgehen. Eine wichtige Station auf unserer Rundfahrt, denn die Insel ist Ursprung der Mark Brandenburg. Der Dom Sankt Peter und Paul ist die älteste Backsteinkirche der Region. Im Jahr 1165 fand die Grundsteinlegung statt und für die Geschichte des Landes Brandenburg begann das erste Kapitel.
Zurück aus dem Domstreng (was für ein hübsches Wort), fährt unser Schiff auf den Beetzsee zu. Erstmals sehen wir, was sich hinter den dicht bebauten Straßenzeilen an Flusslandschaft verbirgt. Von den Gassen der Stadt aus ist diese Idylle unsichtbar: Baumbestandene Ufer, hübsche Gärten, gemütliche Pavillons, immer wieder Anlegestellen. Vom Wasser aus bietet Brandenburg dörfliche Beschaulichkeit. So einen Hof hinter dem Haus zu haben, stellen wir uns herrlich vor.
Hinter der nächsten Brücke öffnet sich der Beetzsee und die Regattastrecke rückt in unseren Blick. Auf einem Pfahl am Rande der Fahrrinne steht die Figur eines legendären Brandenburgers: Fritze Bollmann. Unser Stadtführer-Kapitän läuft zur Höchstform auf, der berühmte Angler ist ein dankbares Thema und dann erklingt, zur allgemeinen Freude und zum Mitsingen animierend, das hinlänglich bekannte Lied von Fritze Bollmann und seinem Angelkahn.
Wieder heißt es Beidrehen und zurück, Richtung Silokanal. Der Silokanal, fast lässt der Name es schon vermuten, ist ein sehr ingenieurtechnischer Wasserweg. Auch die Uferbebauung ist entsprechend. Vorbei geht es am Stahlwerk mit seinen Kränen und Hallen. Früher reihten sich hier die Schmelzöfen mit ihren Schloten. Die Schornsteine sind heute verschwunden, doch im Industriemuseum an der Stirnseite der gigantischen Werkhalle ist ein alter Siemens-Martin-Ofen für die Nachwelt erhalten worden.
Aus dem Silokanal ergießt sich das Havelwasser in den Quenzsee, in der Ferne ist Kirchmöser zu sehen. Ab hier übernehmen Natur und Weite die Regie. Nur noch bewaldete Ufer und glitzernde Wasserflächen umgeben uns, die Stadt ist verschwunden, hat sich hinter den Bäumen weggeduckt. Das Schiff hält auf den Breitlingsee zu, fährt bis zur Kanincheninsel und schwenkt dann in die Brandenburger Niederhavel. Das Flussufer ist über weite Strecken naturbelassen, fast würde ich es als urwüchsige Auenlandschaft bezeichnen. Es verbreitet Ruhe und scheint abgeschieden. Nur spärliche Spuren erinnern an die Zeit, als ganz in der Nähe, in den Arado-Werken, Flugzeuge gebaut wurden. Kaum zu glauben ist auch, dass sich hier, in diesem engen Flussabschnitt, der gesamte Schiffsverkehr auf der Havel mitten durch die Stadt zwängte. Erst mit dem Bau des Silokanals konnten ab 1910 die Frachtschiffe um Brandenburg herumgeleitet werden.
Langsam kommt Brandenburg wieder in Sicht. Die Bebauung wird dichter und schon rückt auch die Jahrtausendbrücke wieder heran. Unser Rundkurs auf der Havel um die Insel Brandenburg geht zu Ende. Auch der Waldmops auf den Treppenstufen freut sich, dass wir wieder da sind. Wer es nicht weiß: Waldmöpse, kleine Skulpturen von Loriots Lieblingshunden mit Geweih, finden sich überall im Stadtgebiet, denn Loriot ist Brandenburger. Wer mag, kann seine überall herumstreunenden Möpse bei einem Stadtspaziergang auch ganz planvoll entdecken. Vielleicht mache ich das demnächst einmal.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
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