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Kirschblütenallee auf dem Mauerweg: Hanami im Mai

Auf dem ehemaligen Mauerstreifen zwischen Berlin-Lichterfelde und Teltow im verläuft die Kirschblütenallee. Sie folgt über 1,5 Kilometer dem ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer und besteht aus über tausend Kirschbäumen, die von Bürgern Japans anlässlich der Wiedervereinigung Deutschlands gespendet wurden. Jährlich zur Kirschblüte wird hier das traditionelle japanische Blütenfest Hanami gefeiert.
#hanamiteltow


Mai 2021 | In diesem Jahr hat ein unterkühlter Frühling das große Blühen herausgezögert. Normalerweise entfalten sich die Knospen etwa um die letzte Aprilwoche zu einem rosafarbenen Kirschblütenband und es gibt ein großes Fest. Aber was ist schon normal? Wegen Corona fällt das Fest bereits zum zweiten Mal aus und die Natur gibt sich seit Wochen lustlos. Doch nun endlich ist es so weit. Pünktlich zum ersten strahlend hellen und sommerlich warmen Sonntag der Saison erscheint das rosa Leuchten. Wir haben es uns wieder angeschaut und mit uns waren Scharen von Besuchern unterwegs – ich würde sagen, nur unwesentlich weniger Leute als beim letzten Fest mit Buden und Programm vor zwei Jahren. Denn die eigentliche Attraktion war schon immer das Wandeln unter dem Blütendach. 

TV Asahi Kirschblütenallee – so heißt die Allee korrekt und vollständig. Sie ist Teil der sogenannten Sakura-Kampagne. Nach dem Fall der Mauer rief der japanische Fernsehsender TV Asahi seine Zuschauer zu spenden für die Kampagne auf, um anlässlich des Endes der deutschen Teilung mit dem Pflanzen von Japanischen Blütenkirschen ein Zeichen der Verbundenheit zu setzen. Umgerechnet eine Million Euro wurden gesammelt und viele tausend Bäume als Gruß zwischen den Völkern Japans und Deutschlands gepflanzt. Sie stehen zum Beispiel an der Glienicker Brücke, der East-Side-Gallery, der Bornholmer Straße und in den Gärten der Welt in Marzahn-Hellersdorf. Eine zusammenhängende Baumreihe wie die TV Asahi Kirschblütenallee gibt es jedoch nur hier, zwischen Lichterfelde und Teltow.

Die Kirschblüte (japanisch: Sakura) hat in Japan als Sinnbild für die Ankunft des Frühlings traditionelle Bedeutung. Seit über tausend Jahren wird sie mit dem Brauch des Hanami (deutsch: Blütenschau oder Betrachtung der Kirschblüten) begangen. Innerhalb des buddhistischen Glaubens hat die nur kurz währende Blütezeit auch spirituelle Bedeutung. Auf dem Gedenkstein am Ende der Allee, am Japan-Eck, wurden deshalb, neben dem Hinweis auf die Spender, auch Zeilen des japanischen Heiku-Dichters Kobayashi Issa aufgenommen. Sie lauten:

Unter den Zweigen
der Kirschbäume in Blüte
ist keiner ein Fremder hier.

Kobayashi Issa

Es hat etwas Besonderes, hier während der Blütezeit spazieren zu gehen. Maiengrün, Himmelsblau und Zartrosa heben einander wechselseitig empor. Viele Menschen sind entspannt unterwegs, schlendern die Pfade entlang oder sitzen im Schatten der Baumkronen. So begeht jeder sein eigenes Hanami, genießt die Natur – und freut sich darauf, dass es im nächsten Jahr wieder ein richtiges Fest geben wird. Mit Imbissbuden und Infoständen, mit Gedränge und Nähe, mit Musik und Tanz. Richtig normal. Hoffentlich.

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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