Lindow (Mark) ist eine brandenburgische Kleinstadt im Ruppiner Wald- und Seengebiet zwischen Herzberg und Rheinsberg und gehört zu Ostprignitz-Ruppin. Die Klosterruinen am Wutzsee gehen auf ein von den Zisterziensern im 13. Jahrhundert gegründetes Nonnenkloster zurück und sind älter als die sie umgebende Stadt.
#lindowmark
Juli 2021 | Lindow ist an einem Sommertag das perfekte Ziel für einen Tagesausflug. Wir wissen bereits: Grün gibt es reichlich – die Wälder sind tief, die Wiesen feucht und meist führen die Wege letztlich an einen See. Lindow hat drei davon direkt vor seiner Tür und weil sie so nahe beieinander sind, kann, wer will, am selben Tag am Vielitzsee angeln, im Gudelacksee schwimmen und auf dem Wutzsee Tretboot fahren. Beim Wechsel der Seeufer sind nicht einmal Extraschritte nötig, um im Klosterblick Mittag zu essen und sich auf dem Markplatz einen Eisbecher zu gönnen. Es geht immer mitten durch die kleine Stadt.
Wir sind gezielt nach Lindow gekommen und freuen uns auf einen schönen Sonntag. Natürlich haben wir ausgiebig gebadet und auch der unglücklichen Nonne Amelie einen Besuch abgestattet. Sie steht noch immer versteinert am Rande des Wutzsees, wendet den Resten des Klosters ihren Rücken zu und wartet mit einem Blumenstrauß in der Hand auf ihren Retter.
Die Skulptur erinnert an eine Legende aus der Zeit, als das nahe Zisterzienserinnenkloster noch in höchster Blüte stand: Einst lebte ein Mädchen, das hieß Amelie und war die hübsche Tochter reicher Edelleute. Ein Bauernjunge verliebte sich in sie und Amelie sich in ihn. Diese nicht standesgemäße Beziehung wollten die adligen Eltern unbedingt verhindern und steckten ihr Kind ins Kloster Lindow. Amelie wurde eine unglückliche Nonne und dachte unentwegt an ihren Liebsten. Auch den Jüngling ließ die Sehnsucht nicht los und deshalb schlich er sich nachts an die Klostermauer und kratzte Ziegel heraus, bis ein Weg für die Flucht freigelegt war. Gemeinsam mit seiner Amelie verschwand er über den Wutzsee auf Nimmerwiedersehen. Bis auf den heutigen Tag ist ungewiss, ob sie ihr Glück fanden oder in den Sümpfen rings um den See versunken sind. Es heißt, manchmal um Mitternacht kann man bei den Klosterruinen ein Kratzen und Schaben hören.
Mit der wärmenden Sonne im Nacken und dem fröhlich klappernden Rad der Klostermühle zur Seite, tippe ich auf ein Happy End für Amelie und ihren Jüngling. Der Legende nach sind sie spurlos verschollen. Vielleicht hat sich aber auch nach der nächtlichen Flucht ein verschwiegener Köhler im Wald ihrer angenommen und im Eiskaffee am Markt sitzen heute die Nachfahren der Früchte ihrer unerlaubten Liebe? Wenn da nachts jemand kratzt, dann ist es viel eher der Geist eines Neiders, der für seine Missgunst büßt.
Wir gehen noch ein paar Schritte am See entlang und halten nach Seerosen Ausschau. Dann ist der Sonntag um.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen