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„Der weiße König“ von György Dragomán

Rumänien, Mitte der achtziger Jahre. Der kommunistische Diktator Ceaucescu sonnt sich im Personenkult und in Tschernobyl explodiert der Atomreaktor. In diesem Land, in dieser Zeit lebt der elfjährige Dszátá, von dessen Erlebnissen in diesem Roman erzählt wird.

Ich will es gleich sagen: Ich hatte lange kein so großartiges Buch mehr in den Händen. Wenn man sich erst einmal auf die atemlos langen Sätze eingelassen hat, wird man vom Sog der Sprache regelrecht mitgerissen. Mir jedenfalls erging es so.

Der muntere Junge Dszátá lebt in einer düsteren und brutalen Welt, deren Kälte erschauern lässt. Sie sickert durch alle Lebensbereiche, ist von Boshaftigkeit, Heimtücke und Lüge zerfressen und macht auch vor Kindern nicht halt. Weil der Vater von Dszátá eine systemkritische Petition unterzeichnet hat, wird dieser vom rumänischen Geheimdienst abgeholt und zur Zwangsarbeit verschleppt. Die Mutter erklärt dem Jungen, bei dem Verhaftungskommando habe es sich um Kollegen des Vaters gehandelt, mit denen er eine wichtige und geheime Arbeit am Meer zu erledigen habe.

Es dauert nicht lange, bis dem Jungen Zweifel an dieser Geschichte aufkommen. Mit jeder neuen Episode macht der Roman die bittere Zwangläufigkeit und das unentrinnbare Ausgeliefertsein in den Verhältnisse sichtbarer. Schmerzlich sichtbar, denn das Böse hat die Menschen so durchdrungen, dass sie sich mit sadistischem Vergnügen auch gegenseitig Schmerzen bereiten.

Besonders schlimm tritt dies in der Begegnung mit Bauarbeitern zu Tage, die die Kinder unter Druck setzen und ausnutzen. Dem Jungen Dszátá erzählen sie, der ‚Spitzhacke‘ genannte Arbeiter unter ihnen sei sein Vater, dessen Gesicht von Pocken entstellt sei und der sich deshalb aus Scham nicht zu erkennen geben wolle. Ein perfides Spiel mit den Hoffnungen und Gefühlen des Kindes.

Mehr will ich über die Handlung und die Ereignisse des Buches gar nicht erzählen. Lasst euch diesen wirklich begeisternden Roman nicht entgehen – und am Schluss wartet ein skurriles, erstaunliches, unvergessliches Finale auf euch.

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(c) Lutz Schafstädt – 2022
Meine Lesezeichen – Gedanken über Bücher

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