Wir sind im Süden Berlins, in Lichterfelde. Hier gibt es den Lilienthalpark, einen Erinnerungsort für den Flugpionier Otto-Lilienthal, der hier mit seinen Konstruktionen experimentierte.
#ottolilienthal
November 2021 | Der Lilienthalpark befindet sich ganz im Süden von Berlin-Lichterfelde, nahe der Stadtgrenze auf dem Gelände einer ehemaligen Tongrube. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Otto Lilienthal hatte hier aus dem Abraum der Ziegelei Heinersdorf seinen Fliegeberg aufschütten lassen. Der Hügel war 15 Meter hoch und damals noch nicht von Bauten umgeben, sodass Lilienthal hier ungestört mit seinen Fluggeräten experimentieren konnte. Schon bald wurden aber höhere Startplätze für längere Flüge nötig und Lilienthal verlegte seine Versuche nach Stölln, wo er 1896 abstürzte und sich tödlich verletzte. Bereits kurz nach seinem Tod wurde begonnen, das Areal um seinen ersten Fliegeberg in einen Gedenkpark umzugestalten.
Vor dem Berg wurde ein rechteckiges Bassin angelegt, das vermutlich die Flugstrecke der Gleiter markiert. Die seitlich gelegene ehemalige Tongrube wurde zum Karpfenteich. Ab 1928 entstand auf dem Hügel das Säulenrondell mit einer bronzenen Weltkugel in der Mitte. Die Weltkugel teilte im Zweiten Weltkrieg das Schicksal vieler Kirchenglocken und wurde eingeschmolzen. Danach verwilderte der Park, eine spätere Sanierung brachte eine Steinkugel als Platzhalter, bis endlich 1990 wieder ein bronzener Globus das Ensemble komplettierte.
Genau hier hatte Otto Lilienthal also seine Flugapparate optimiert, nachdem er 1881 erstmals mit einem Gleiter 25 Meter weit geflogen war. Mit Doppeldeckern, Flügelschlag-, Gleit- und Segelapparaten versuchte er, die beste Lösung zur Nachahmung des Vogelfluges zu finden. Tausende Male setzte er auf dem Fliegeberg zum Sprung an und hielt sich dabei bis zu 80 Metern weit in der Luft. An seine Experimente und Erkenntnisse knüpften damals alle namhaften Pioniere der Luftfahrt direkt an. Mit Lilienthal begann für die Menschheit das Zeitalter des Fliegens.
Man muss nicht auf der Spitze des Fliegeberges in Lichterfelde stehen, um zu spüren, was für eine atemberaubende Entwicklung das auslöste. Innerhalb weniger Jahrzehnte hatte sich der Motorflug etabliert, wurden Flugzeuge als Transporter und Kriegsgerät genutzt, durchstießen Jets die Schallmauer. Gerade einmal gut 120 Jahre nach Lilienthal ist es für uns selbstverständlich, mit dem Flieger in die Ferien zu düsen. 2019 hieß es, rund um die Welt und rund um die Uhr befänden sich ständig mehr als eine Million Menschen mit Flugzeugen in der Luft. Und das alles, weil Lilienthal ein Leben lang beharrlich an der Verwirklichung seiner Vision tüftelte und sie unter anderem hier, von einem schlichten Hügel aus, Wirklichkeit werden ließ – allen Fehlschlägen, Zweiflern und Spöttern zum Trotz.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
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