Das Städtchen Oranienbaum liegt östlich von Dessau und südlich vom Wörlitzer Gartenreich in Sachsen-Anhalt. Schloss, Ort und Park bilden eine architektonische Einheit und wurden Ende des 17. Jahrhundert als barockes Ensemble mit niederländischer Prägung erbaut.
April 2023 | Schöne Tage haben es immer eilig. Das kennt man ja. Nach dem Frühstück ist unsere Zeit im Hotel abgelaufen und der Ostermontag setzt zum Endspurt für das lange Wochenende im thüringischen Altenburg an. Wir haben es nicht eilig und auf den Autobahnen Richtung Berlin droht dichter Rückreiseverkehr. Deshalb wollen wir über Landstraßen heimwärts schaukeln, mit viel Gegend als Begleiter und Pausen, wann und wo immer wir Lust darauf haben.
Zuerst nach Rochlitz, dort auf die B107. Vorbei an Grimma, Wurzen, Eilenburg und Bad Düben steuern wir direkt auf Oranienbaum zu. Oranienbaum liegt im Biosphärenreservat Mittelelbe, bis nach Dessau und zur Autobahn ist es nicht weit. In der Gegend waren wir schon einige Male, aber meist haben wir nur mit interessiertem Schulterblick auf dem Weg nach Wörlitz oder Ferropolis von Oranienbaum Notiz genommen. Diesmal aber nehmen wir uns Zeit.
Wir parken unser Auto nah am Marktplatz und staunen über seine Größe und Weitläufigkeit. Es fällt sofort auf, wie Stadt und Schloss durch geometrische Strenge miteinander verbunden sind. Der Markt ist quadratisch, in der Mitte des gepflasterten Platzes steht auf einem Sockel die geschmiedete Skulptur eines Orangenbäumchens, dem Wappen- und Wahrzeichen der Stadt. Es ist das Oranier-Symbol und verweist auf die Verbindung zum Königshaus der Niederlande. Das Schloss und die gesamte Stadt entstanden als Sommersitz für eine Prinzessin von Oranien-Nassau, die ins Fürstentum Anhalt-Dessau verheiratet worden war. Nun liegt auch der Ursprung des Namens Oranienbaum auf der Hand. Und der verwandtschaftliche Bezug zu den Niederlanden wirkt bis in die Gegenwart: Die ehemalige Königin Beatrix war und ist Schirmherrin für den Erhalt des Barockensembles und hat das Schloss bis dato bereits zweimal persönlich besucht.
Architekt von Schloss Oranienbaum war ein holländischer Baumeister, der sich im ausgehenden 17. Jahrhundert an die Arbeit machte und eine höfische Ansiedlung nach barocken Idealvorstellungen entwarf. Das Marktplatz-Karree gibt das geometrische Raster vor, alle Straßen gehen rechtwinklig ab, es gibt schnurgerade Sichtverbindungen zur Stadtkirche und zum Schloss. Alles wohlproportioniert. Einzig die gestaffelten Seitenflügel am Ehrenhof des Schlosses wirken ungewöhnlich – es heißt, sie seien ein charakteristisches Indiz für die holländische Prägung.
Das Schloss besichtigen möchten wir nicht, so lange soll unsere Stippvisite hier nicht dauern. Wir wollen lieber das schöne Wetter genießen und uns den Park anschauen. Der ist überraschend groß und außerordentlich schön. Besonders der Inselgarten zieht uns sofort in seinen Bann. Die künstliche Teichlandschaft soll asiatisches Flair verbreiten – im 18. Jahrhundert stand die China-Mode hoch im Kurs. Ein chinesisches Teehaus am Seeufer bildet das zentrale Element, kleine Felseninseln inszenieren sorgsam gezogene Bäumchen und Büsche. Fernöstliche Gartenästhetik. Eine mehrstöckige Pagode steht am Rand, Bächlein und Wege bilden ein Netz, das durch zierliche Brücken verwoben ist. Ein eindrucksvolles Gartenerlebnis, und dies, obwohl der Frühling gerade erst in den Startlöchern steht. Im Sommer, wenn die Kübelpflanzen die Orangerie verlassen haben, alles bepflanzt ist und die zentrale Fontäne sprudelt, muss es hier traumhaft sein.
Als wir zurück zum Marktplatz kommen, hat bereits der Nachmittag begonnen. Zeit für einen Happen. Das Café am Markt bietet einen Mittagstisch und zwei Plätze für uns sind noch frei. Die Ausstattung ist schlicht und etwas in die Jahre gekommen. Doch die Bedienung ist flink und die Preise sind günstig. Wir entscheiden uns für das erste Spargelessen in diesem Jahr. Die Küche geizt nicht mit den Spargelstangen, legt ein ordentliches Stück Fleisch an die Kartoffeln und gibt der Salatecke mit einem aus Gurke gestanztem Häschen eine fast schon liebevoll zu nennende Osternote.
Noch ein Softeis auf die Hand und weiter geht die Fahrt Richtung Heimat. Oranienbaum lohnt einen Besuch, und sei es für eine ausgiebige Pause.
Siehe auch: #mitteldeutschland
Zurück zu: Unterwegs – Ausflüge und Reisen
(c) Lutz Schafstädt – 2023