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Altenburg: Vom Marktplatz zu den Roten Spitzen

Altenburg liegt im östlichsten Zipfel von Thüringen, war zur Barbarossazeit Kaiserpfalz und über Jahrhunderte fürstliche Residenz. Hier hat das Karten machen Tradition, und das Skatspiel wurde erfunden.

April 2023 | Wir sind auf unserem Rundgang durch die Altenburger Altstadt. Gerade eben waren wir noch am Skatbrunnen, nun spazieren wir weiter zum Markt. Es ist der Hauptmarkt, wenn man so will, denn wir lernen, dass Altenburg insgesamt fünf alte Marktplätze hat, die alle nah beieinander liegen und durch kurze Verbindungsgassen miteinander verbunden sind. Sie heißen zum Beispiel Topfmarkt, Kornmarkt und Weibermarkt. Der größte von allen, auf dem wir gerade angekommen sind, muss sich mit der schlichten Bezeichnung Markt begnügen. Wir kommen von der Sporenstraße her und stehen deshalb zunächst an seinem breiteren, dem östlichen Ende.

Der Markt bildet eine weite, trapezartige Fläche, die lückenlos von Gebäuden, meist alten Bürgerhäusern, gesäumt ist und sich über eine Länge von, wie man liest, 230 Metern allmählich verjüngt, bis sie am Rand des Platzes nur noch gewöhnliche Straßenbreite hat. Dominiert wird die weitläufige gute Stube der Stadt von den Türmen des Rathauses und der Brüderkirche. Das Rathaus ist ein prächtiger Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert, mit reich verzierten Giebeln und Erkern und einem achteckigen Turm, an dem es sogar eine Monduhr zu sehen gibt.

Der zweite Blickfang ist der Turm der Brüderkirche, aus rotem Backstein und mit spitzem Schieferdach. Er schließt den Platz nach Westen ab. Den Giebel des Kirchengebäudes ziert über der Freitreppe zum Eingang ein farbiges Wandmosaik eindrucksvoller Größe. Unterhalb der Eingangsbalustrade gibt es einen Brunnen, der uns ins Auge fällt, weil er mit bunten Eiern und Blumen als Osterbrunnen geschmückt ist. Der Platz macht was her und im Sommer herrscht hier bestimmt mehr Leben als heute. Platz für Tische und Stühle, zum Verweilen und Genießen, zum Bestellen und Bezahlen, ist reichlich vorhanden.

Die Touristenwegweiser am Markt weisen uns darauf hin, doch auch die Roten Spitzen zu besuchen. Was wird das wohl sein? Schon nach der nächsten Ecke kombinieren wir die Antwort selbst. Es sind die beiden Türme, die wir jetzt auch über den Dächern sehen können. Die Roten Spitzen sind das Wahrzeichen von Altenburg und gehörten einst zu einem Kloster, das mit der Stadtgründung und dem Kaiser Barbarossa untrennbar verbunden ist.

Lasst mich das schnell erzählen: Der Staufer Friedrich I., genannt Rotbart oder auf Italienisch Barbarossa, war im 12. Jahrhundert römisch-deutscher Kaiser. Die Kaiser jener Zeit waren mit ihrem Tross aus Gefolge und Hofstaat permanent in ihrem Riesenreich unterwegs, um zu regieren und ihre Macht zu sichern. Um einigermaßen standesgemäß zu residieren, wurden verteilt im Reich sogenannte Pfalzen eingerichtet. Der sagenumwobene Kaiser Barbarossa wählte die nahe Burg zu seiner Kaiserpfalz und gab so den Anstoß zur Entwicklung Altenburgs zur Stadt. Bei einem seiner Aufenthalte in Altenburg stiftete Kaiser Rotbart ein Augustinerkloster – auf einem Felsen in Sichtweite der Burg. Mit dem Kloster wuchs auch eine Stiftskirche empor, zu der sich zwei mächtige Backsteintürme gesellten. Bis zur Reformation behielten die Augustiner-Chorherren das Sagen; dann jedoch kam ziemliche Bewegung in die Geschichte des Ortes. Kloster und Stift wurden von den Reformatoren kurzerhand aufgelöst, die Klosteranlagen und die Marienkirche verfielen. Im 17. Jahrhundert wurde einer der Türme vom Blitz getroffen und das ausgebrannte Dach durch eine barocke, rundliche Turmspitze ersetzt. Das Kirchenschiff wurde über die Zeiten immer wieder bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Der Backsteinsockel mit den beiden Türmen blieb erhalten; er wurde viele Jahre als Schule genutzt, war Waisenhaus, Gefängnis und Handwerksmuseum – und ist heute Kulturdenkmal und Wahrzeichen der Stadt.

Wir nähern uns erwartungsvoll durch kleine Gässchen, müssen uns dann aber mit einem Blick von außen zufriedengeben. Besichtigen ist nicht, die Saison beginnt erst im Mai. Das Außengelände hält noch Winterschlaf, wirkt trostlos und eignet sich nicht einmal für ein passables Erinnerungsfoto. Schade. Wahrzeichen sehen oft aus der Distanz am besten aus. Wir gehen zurück Richtung Stadt. Es ist Zeit, einen Happen zu essen.

Siehe auch: #skatstadtaltenburg / #mitteldeutschland
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(c) Lutz Schafstädt – 2023

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