Wir sind auf Wittow, im Windland, ganz im Norden der der Insel Rügen. Dranske ist der größte Ort der Halbinsel und liegt auf der Westseite, an der Schmalstelle zwischen Ostsee und Wieker Bodden.
#windlandwoche
November 2022 | Dranske schauen wir uns gleich am ersten Urlaubstag und danach noch einige Male an. Ganz früher war es einmal ein Fischerdorf, während der DDR-Zeit entstand hier ein Marinestützpunkt. Nach dem Ende der Volksmarine schwand die Einwohnerzahl und die Plattenbauten leerten sich. Nun ist der Ort dabei, sich als touristisches Zentrum neu zu erfinden.
Auf der Boddenseite gibt es einen kleinen Badestrand und einen Schiffsanleger. Weil der Wieker Bodden im Grunde nur eine flache Lagune mit meist weniger als zwei Meter Wassertiefe ist, musste für das Anlegen von Ausflugsschiffen am Steg eine eigene Fahrrinne ausgehoben werden. Zum Kite-Segeln und Windsurfen scheint der Bodden augenscheinlich sehr gut geeignet und die Wassersportler hüpfen, weitab vom schilfbewachsenen Ufer, vom Brett ins hüfthohe Wasser.
Auf der Ostseeseite ist die Küstenlandschaft um einiges rauer. Der Strand ist steinig und wird durch Buhnen vor Erosion geschützt. Richtung Norden geht das Ufer allmählich in eine Steilküste über, der man auf einem Wanderweg bis zum Kap Arkona folgen kann. Der Dransker Steinstrand ist bei Fossiliensammlern sehr beliebt. Die Ostsee trägt hier als Geröll zusammen, was die Wellen andernorts aus dem Ufersediment gespült haben, wie versteinerte Seeigel, Donnerkeile, Hühnergötter und ähnliche Fundstücke. Es bedarf schon etwas Ausdauer und Übung, aber irgendwann wird die Geduld meist belohnt. Auch wir haben unseren fossilen Strandfund gemacht.
Nach Süden hin beginnt direkt hinter Dranske der Bug. Der Bug ist eine gigantische Ansammlung von Schwemmsand – eine Landzunge mit einer Länge von mehreren Kilometern und stellenweise anderthalb Kilometer breit. Als hier die Schnellboote der Volksmarine vor Anker lagen, war der Bug militärisches Sperrgebiet. Auch heute kann man ihn nicht einfach so betreten, das Tor zum Privatbesitz ist verschlossen. Zumindest gehört das Gebiet zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft und steht unter Naturschutz.
Gleich hinter Dranske, an seiner der schmalsten Stelle, ist die Landbrücke zum Sandhaken nur etwa 50 m breit und man kann vom Deich aus gleichzeitig über die Ostsee zur Insel Hiddensee und auf den Wieker Bodden schauen. Auf der Ostseeseite kann man ohne weiteres Richtung Bug spazieren gehen, den Blick zur Insel Hiddensee mit ihrem schmucken Leuchtturm genießen, der Brandung lauschen und nach interessantem Strandgut Ausschau halten.
Eine kuriose Attraktion möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sehenswürdigkeit würde ich sie nicht nennen, eher beliebtes Fotomotiv: Die Kreuzbuhne (auch X-Buhne genannt). Es sieht wirklich so aus, als habe jemand zwei Buhnen zu einem imposanten X verschränkt, um damit das Hiddensee-Küstenpanorama zu dekorieren. Ein einprägsames Bild. Doch warum sieht die X-Buhne so aus? Haben sich die Buhnenbauer grob vermessen? Die ungewöhnliche Anordnung ist schnell erklärt: Die beiden Buhnen entstanden im zeitlichen Abstand von 40 Jahren. Die erste wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut. Beim Neubau der zweiten Buhne in den 1970er Jahren kam man zur Erkenntnis, dass der Winkel der alten Buhne nicht optimal für den Schutz der Küste war. Die neue Buhne entsprach dem aktuellen Wissen und weil man die Kosten für den Rückbau der alten scheute, ließ man die vorhandene Buhne einfach stehen. Und fertig war das X im Meer – kein Schildbürgerstreich, keine geheime Botschaft, nur Pragmatismus.
(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen