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Rügen: Wir fahren ins Windland

Wir verbringen ein paar Herbsttage ganz im Norden der Insel Rügen. Genauer gesagt auf der Halbinsel Wittow, auch als Windland bekannt. Wittow ist nur über eine schmale Nehrung und eine Fährverbindung mit der Außenwelt verbunden.
#windlandwoche


November 2022 | Wir wollen ein paar Tage lang durchatmen, dem Trubel entschwinden und viel Natur genießen. Unsere Recherchen bringen Dranske ins Spiel, ganz im Norden von Rügen. Windland klingt genau nach dem, was wir suchen. Bis Puttgarten und Wiek waren wir schon mal, sonst sagt uns die Halbinsel Wittow nicht viel. Eine gute Gelegenheit, das zu ändern.

Hinter Neubrandenburg, zwei Drittel des Weges zu unserem Feriendomizil sind bereits absolviert, bemerke ich, was diesen Urlaub auf ganz eigene Weise unvergesslich werden lassen wird. Mein Portemonnaie ist nicht da. Zielsicher krame ich danach, als wir uns an der Raststätte einen Becher Kaffee holen wollen, doch es fehlt. Geldkarte, Ausweis, Führerschein, Zulassung, Krankenkassenkarte – alles liegt sorgsam zusammengesteckt zu Hause auf dem Küchenregal. Für den Moment kein Problem, denn meine Frau hat ihre Siebensachen samt EC-Karte dabei und der nächste Automat für ein wenig Bargeld ist gleich neben der Eingangstür. Doch fortan fährt ein mulmiges Gefühl mit und weil der Zufall es zuweilen kurzweilig mag, bleibt ab Sagard für viele Kilometer ein Polizeiauto treulich hinter uns. Jetzt alle Regeln einhalten, nur nicht auffallen und flach weiteratmen.

Ich verrate schon mal, dass sich während der gesamten Zeit auf Rügen niemand für meine abwesenden Papiere interessieren wird. Denn wir sind hier ganz hinten, am stillen Rand der Insel, mitten im Nichts, fast allein und außer Sichtweite. So wie wir es uns wünschten.

Die weitere Anfahrt gestaltet sich ruhig. Es ist November, die Saison längst vorbei, die Leute auf den Gehwegen verstecken ihre Köpfe in Kapuzen. Als wir mit Breege den ersten Ort auf Wittow erreichen, ist es um die Mittagszeit. Nach einem geöffneten Restaurant oder wenigstens einer Imbissbude halten wir jedoch vergeblich Ausschau. Allerorten Winterpause. Nicht so schlimm, sagen wir uns, und die Sonne setzt als Trostpflaster einen Regenbogen über den Hafen. In Wiek, einen Bodden weiter, haben wir mehr Glück und starten mit Backfisch und Fritten ins Ostsee-Urlaubs-Feelings. Der Laden in Wieck bleibt fortan unser Hoflieferant für Fischbrötchen und Räucherware und gleich ums Eck gibt es noch einen Bäcker, den wir gleichfalls häufiger beehren werden. Nach Dranske, mit Supermarkt am Ortseingang, und zu unserer Ferienwohnung ganz in der Nähe sind es nur noch wenige Kilometer.

Unser Feriendomizil ist ein langgestreckter Bau mit Klinkerfassade und mächtigem Reetdach, in dem sich die Appartements aneinanderreihen. Wir wohnen unten, die Terrasse ist von Krüppelkiefern eingefasst und mit einer dicken Schicht Nadeln bestreut. Die Einrichtung der Ferienwohnung ist modern und zweckmäßig. Wir sind zufrieden, drehen die Heizung an und richten uns häuslich ein.    

Die kleine Ferienhausanlage liegt ruhig und abseits der Hauptstraße, ungefähr in der Mitte zwischen Bodden und Steilküste, die jeweils einen guten Kilometer entfernt sind. Ringsum viel freies Feld, abends sind in der Ferne die Leuchtfeuer von Kap Arkona und Hiddensee zu erkennen.

Natürlich machen wir noch am gleichen Tag unseren Antrittsbesuch am Strand. Beim Kliff an der Kreptitzer Heide gibt es eine Eisentreppe, die zum Ufer herunterführt. Einige Surfer in Neoprenanzügen tummeln sich in den kalten Fluten, die Wellen rascheln mit dem Geröll am Strand, der Wind zupft uns die Jacken zurecht. Das Windland begrüßt uns angemessen.

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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