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Altenburg: Wo das Skatspiel erfunden wurde

Das Altenburger Land bildet den östlichsten Zipfel von Thüringen, umklammert von den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen. Altenburg war zur Zeit Barbarossas Kaiserpfalz und über viele Generationen danach fürstliche Residenz. Hier hat das Kartenmachen Tradition und wurde das Skatspiel erfunden.
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April 2023 | Das Osterwochenende wollten wir in Altenburg verbringen. Samstag früh ging es los. Auf der Autobahn gab es freie Fahrt, wir kamen Richtung Leipzig gut voran. Am Schkeuditzer Kreuz wechselten wir auf die A14 und kreisten um die Leipziger Innenstadt herum. In Markkleeberg suchten wir uns ein Einkaufs-Center, um eine kurze Mittagspause zu machen. Das Marktkauf-Logo blinkte in der Ferne und wir fanden, was wir suchten.

Weiter ging es über Borna nach Thüringen hinein. Es war früher Nachmittag, deshalb blieben wir erst einmal im Umland. Das Hotel erwartete uns nicht vor 15 Uhr. So brachte uns der Zufall nach Waldenburg. Ein hübscher Marktplatz mit frisch saniertem Rathaus und reichlich Platz zum Parken. Nur wenige hundert Meter weiter steht auf einem Hügel ein repräsentatives Schloss, das über die Hänge eines Parks hinweg ins Tal schaut. Der ganze Ort erhebt sich sehr ansehnlich auf einem Felsen über dem Flusslauf der Zwickauer Mulde. Wir machen einen kleinen Spaziergang, doch die Gassen sind leblos und die wenigen Schaufenster leer. Eigentlich verwunderlich, der Ort hätte das Zeug zum Ausflugsziel, wenn man das touristische Potential ein wenig nutzte. Im Schloss findet gerade eine Hochzeit statt. Das bringt die Kronleuchter zum Strahlen, ein paar Autos auf den Parkplatz und ein paar Leute auf den Gehweg.  

Weiter geht es in das Altenburger Land. Es bildet den östlichsten Zipfel von Thüringen. Das über 1.000 Jahre alte Altenburg war zur Zeit Barbarossas Kaiserpfalz und viele Generationen lang Kurfürsten- und Herzogs-Residenz.

Damit wir uns in der fremden Stadt nicht unnötig vertun, lassen wir uns vom Navi den Weg zum Hotel zeigen. Angesichts der Baustellen und Umleitungen, denen wir begegnen, eine gute Entscheidung. Es geht direkt auf den Bahnhof zu. Einmal links, einmal rechts, angekommen.

Das Hotel Astor befindet sich in einem der typischen 90er-Jahre-Zweckbauten mit Tiefgarage, Supermarkt und ein paar Geschäften im Erdgeschoss. Das Carré umschließt einen Innenhof mit reichlich Parkplätzen für die Hotelgäste. Wir checken ein, bekommen unsere Frühstücksbändchen, eine Parkkarte für das Auto und den Zimmerschlüssel. Wir wohnen im ersten Stock zur Straße hin, mit Blick auf ein Zoogeschäft und ein China-Restaurant. Zu unserem Arrangement für das Wochenende gehören ein Skatblatt aus Altenburg und zwei Probierfläschchen Marillenlikör. Wir sind zufrieden, akklimatisieren uns einen kurzen Moment und machen uns auf in die Stadt. Es geht auf 16 Uhr, der Tag ist noch jung.

Wir laufen entlang der Wettinerstraße, die von herrschaftlichen Villen gesäumt ist und früher offensichtlich eine Prachtpromenade der Stadt war, auf das Lindenau-Museum zu. Es ist nach einem Thüringer Kunstsammler benannt und wird gerade grundlegend saniert. Wie die Baustelle aussieht, wird es bis zur Wiedereröffnung noch eine Weile dauern. Hinter dem Museum beginnt der Schlosspark, durch die Bäume ist das leuchtende Gelb des Naturkundemuseums Mauritianum zu sehen.

Wir orientieren uns nach rechts und schlendern auf die Altstadt zu. Schon rückt der Burgfelsen mit dem Schloss ins Bild. Am Fuß des Berges kräuselt sich das Wasser des von Wegen, Rasenflächen und Bäumen gesäumten Pauritzer Teiches – ein hübscher kleiner Park mit romantischer Kulisse. In dieser Gegend soll der Ursprung der Stadt gelegen haben, eine Fluchtburg auf dem Felsen, ein slawisches Dorf am kleinen See – unter der alten Burg und fertig ist der Ortsname. Diese Geschichte bekommen wir aber erst morgen bei der Schlossführung erzählt. Doch ich will sie erwähnen, wenn wir schon einmal hier sind.

Mit jedem Schritt weiter macht das Schloss die Teichidylle streitig und bestimmt das Bild. Es ist überraschend groß und lässt erkennen, wie es über die Jahrhunderte und Baustilepochen hinweg von der Burg zur fürstlichen Residenz gewachsen ist. Der Glanz von Macht und Reichtum strahlte aus in die Stadt. Der Bahnhof, die Post und das Theater zeigen den Hang zur Repräsentation im Wettbewerb der damals zahlreichen sächsischen und thüringischen Fürstentümer und Herrschaftssitze.

Vom Theaterplatz kommen wir zum Brühl. Es ist der älteste Marktplatz von Altenburg, umstanden von schönen alten Häusern, darunter das barocke Seckendorffsche Palais aus dem frühen 18. Jahrhundert. Nach dem Generalfeldmarschall von Seckendorff wohnte später auch Herr Brockhaus hier, das ist der Verleger mit dem nach ihm benannten Lexikon. Wichtiger als das Palais ist für den Platz jedoch der Skatbrunnen. Denn Altenburg ist Skatstadt. Hier wurde ab 1810 das Skatspiel erfunden und sein Regelwerk entwickelt. Kartenmacher gibt es in Altenburg seit 1509, die bekannte Spielkartenfabrik nahm 1932 ihre Produktion auf, 1927 gründete sich hier das Deutsche Skatgericht, das Internationale Skatgericht hat seit 2002 seinen Sitz in der Stadt. Die Skatstadt Altenburg macht ihrem Namen also alle Ehre, es gibt ein Skatmuseum im Schloss und hier, am Brühl, steht mit dem Skatbrunnen das einzige dem Kartenspiel gewidmete Denkmal überhaupt. Auf seiner Spitze raufen die vier Wenzel (Buben) um die Rangfolge und es heißt, wer seine Skatkarten mit dem Wasser aus dem Brunnen tauft, hat fortan nur noch Glück im Spiel.

Vom ältesten Markt geht es, nur wenige Schritte weiter, zur ältesten Kirche der Stadt. St. Bartholomäi war einmal ein romanischer Bau mit zwei Türmen, durch die Widrigkeiten der Jahrhunderte ist davon nicht mehr viel zu erkennen.

Ich merke gerade, dass ich wieder einmal viel zu kleinteilig berichte. Ich werde versuchen, ab jetzt etwas zu straffen und nur noch wesentliche Aspekte erwähnen. Versuchen kann ich es, ob es gelingt, wird sich zeigen.

Wir spazieren weiter zum Markt. Der Hauptmarkt, wenn man so will, denn Altenburg hat insgesamt fünf alte Marktplätze, die alle nah beieinander liegen und durch kurze Verbindungsgassen erreichbar sind. Dieser Markt ist der größte von allen. Wir erreichen ihn von der Sporenstraße aus und stehen deshalb zunächst an seiner Ostseite. Er bildet ein weitläufiges Trapez, lückenlos von Gebäuden gesäumt. In der Mitte der südlichen Häuserzeile das reich verzierte Rathaus aus dem 16. Jahrhundert, mit achteckigem Turm und Monduhr. Nach Westen wird der Marktplatz allmählich schmaler und lenkt den Blick auf den Giebel der Brüderkirche, gebaut aus rotem Backstein und mit einem farbigen Mosaikbild neben dem Eingangsportal. Der Platz macht was her und im Sommer herrscht hier bestimmt mehr Leben als heute. Platz für Tische und Stühle, zum Verweilen und Genießen, zum Bestellen und Bezahlen ist reichlich vorhanden.

Wir schießen ein paar Fotos, überqueren den Platz, machen einen Bogen über Topfmarkt und Kornmarkt und lassen uns dann von den Touristen-Wegweisern zeigen, in welche Richtung es zu den Roten Spitzen geht. Schon nach der nächsten Ecke sehen wir sie selbst, die beiden Türme. Die Roten Spitzen sind das Wahrzeichen von Altenburg und gehörten einst zu einem Kloster. Lasst mich das schnell erzählen: Altenburg war im 12. Jahrhundert Kaiserpfalz und hat sich eigentlich nur deshalb als Siedlung neben der Pfalzburg zur Stadt entwickeln können. Die Kaiser jener Zeit waren mit ihrem Tross permanent zwischen den Pfalzen ihres Reiches unterwegs, um ihre Macht zu sichern. Einer dieser Reisekaiser war der berühmte Kaiser Barbarossa. Er hielt sich mehrere Male in Altenburg auf und stiftete auf einem Felsen unweit der Burg das besagte Augustinerkloster mit den zwei mächtigen Backsteintürmen. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst, die Klosterbauten und das Kirchenschiff verfielen. Im 17. Jahrhundert wurde einer der Türme vom Blitz getroffen und das ausgebrannte Dach durch eine barocke, rundliche Turmspitze ersetzt. Der Doppelturm wurde als Schule genutzt, war Waisenhaus, Gefängnis und Handwerksmuseum, und ist heute Kulturdenkmal und Wahrzeichen.

Die Roten Spitzen sind die letzte Station auf unserem Rundgang. Wir hatten unterwegs Ausschau gehalten, ob wir ein Restaurant für das Abendessen finden. Der Ratskeller erscheint uns zu teuer und vornehm, ansonsten ist gastronomisch nicht viel los in der Altstadt. Selbst eine Umkreissuche mit Google führt nicht zum Erfolg. Deshalb gehen wir zurück zum Hotel. Dort gibt es gleich nebenan einen Griechen. Wir werden freundlich in Empfang genommen, flink und zuvorkommend bedient, und genießen die reichlich gefüllten Grillteller. Noch einmal anstoßen, auf den gelungenen ersten Tag und zurück ins Hotel.   

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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