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Teltow: Hanami auf dem Mauerweg

Auf dem ehemaligen Mauerstreifen zwischen Berlin-Lichterfelde und Teltow im verläuft die Kirschblütenallee. Sie folgt über 1,5 Kilometer dem ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer und besteht aus über tausend Kirschbäumen, die von Bürgern Japans anlässlich der Wiedervereinigung Deutschlands gespendet wurden. Jährlich zur Kirschblüte wird hier das traditionelle japanische Blütenfest Hanami gefeiert.

Ich habe den Beitrag im Blog der Region Potsdam-Mittelmark und Teltow zugeordnet. Natürlich gehört das Kirschblütenfest mit gleichem Recht auch zu Berlin, doch ich musste mich entscheiden.

Besuche: Mai 2021 | April 2020 | April 2019


6. Mai 2021 – Hanami am Mauerweg

In diesem Jahr hat ein unterkühlter Frühling das große Blühen herausgezögert. Normalerweise entfalten sich die Knospen etwa um die letzte Aprilwoche zu einem rosafarbenen Kirschblütenband und es gibt ein großes Fest. Aber was ist schon normal? Wegen Corona fällt das Fest bereits zum zweiten Mal aus und die Natur gibt sich seit Wochen lustlos. Doch nun endlich ist es so weit. Pünktlich zum ersten strahlend hellen und sommerlich warmen Sonntag der Saison erscheint das rosa Leuchten. Ich habe es mir wieder angeschaut und mit mir waren Scharen von Besuchern unterwegs – ich würde sagen, nur unwesentlich weniger Leute als beim letzten Fest mit Buden und Programm vor drei Jahren. Denn die eigentliche Attraktion war schon immer das Wandeln unter dem Blütendach. 

TV Asahi Kirschblütenallee – so heißt die Allee korrekt und vollständig. Sie ist Teil der sogenannten Sakura-Kampagne. Nach dem Fall der Mauer rief der japanische Fernsehsender TV Asahi seine Zuschauer zu spenden für die Kampagne auf, um anlässlich des Endes der deutschen Teilung mit dem Pflanzen von Japanischen Blütenkirschen ein Zeichen der Verbundenheit zu setzen. Umgerechnet eine Million Euro wurden gesammelt und viele tausend Bäume als Gruß zwischen den Völkern Japans und Deutschlands gepflanzt. Sie stehen zum Beispiel an der Glienicker Brücke, der East-Side-Gallery, der Bornholmer Straße und in den Gärten der Welt in Marzahn-Hellersdorf. Eine zusammenhängende Baumreihe wie die TV Asahi Kirschblütenallee gibt es jedoch nur hier, zwischen Lichterfelde und Teltow.

Die Kirschblüte (japanisch: Sakura) hat in Japan als Sinnbild für die Ankunft des Frühlings traditionelle Bedeutung. Seit über tausend Jahren wird sie mit dem Brauch des Hanami (deutsch: Blütenschau oder Betrachtung der Kirschblüten) begangen. Innerhalb des buddhistischen Glaubens hat die nur kurz währende Blütezeit auch spirituelle Bedeutung. Auf dem Gedenkstein am Ende der Allee, am Japan-Eck, wurden deshalb, neben dem Hinweis auf die Spender, auch Zeilen des japanischen Heiku-Dichters Kobayashi Issa aufgenommen. Sie lauten:

Unter den Zweigen
der Kirschbäume in Blüte
ist keiner ein Fremder hier.

Kobayashi Issa

Es hat etwas Besonderes, hier während der Blütezeit spazieren zu gehen. Maiengrün, Himmelsblau und Zartrosa heben einander wechselseitig empor. Viele Menschen sind entspannt unterwegs, schlendern die Pfade entlang oder sitzen im Schatten der Baumkronen. So begeht jeder sein eigenes Hanami, genießt die Natur – und freut sich darauf, dass es im nächsten Jahr wieder ein richtiges Fest geben wird. Mit Imbissbuden und Infoständen, mit Gedränge und Nähe, mit Musik und Tanz. Richtig normal. Hoffentlich.


18. April 2020 – Blütenfest im Lockdown

Eigentlich wäre heute Hanami gewesen, das japanische Blütenfest zur Begrüßung des Frühlings. Doch es ist Corona-Zeit, alle Feste wurden ersatzlos gestrichen. Überhaupt wurde der Alltag auf ein Minimum zusammengestutzt, um Kontakte zu vermeiden. Selbst die eigene Wohnung sollte nur für wichtige Erledigungen und höchstens für einen Spaziergang – und das auch nur in Begleitung eines Angehörigen des gleichen Haushalts – verlassen werden. Verrückte, angsterfüllte Zeiten. Das geht nun schon seit Wochen so und inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass das Virus in Schach gehalten werden kann.

Es ist Lockdown. Ausflüge werden immer noch nicht gern gesehen, doch frischen Luft zu schnappen ist mit Abstand erlaubt. Man hört bisweilen sogar von skurrilen Auswüchsen der Reglementierungswut: Leute werden von Parkbänken verwiesen, weil das Verweilen in der Öffentlichkeit untersagt ist. Kinderspielplätze werden mit Flatterband abgesperrt, weil selbst das einsame Schaukeln als Ordnungswidrigkeit gewertet wird. Da geht es einfach ums Prinzip. Ungeachtet dessen scheint die Sonne und lockt nach draußen. Außerdem ist Wochenende und da werden die Regeln nicht mehr allzu eng ausgelegt. Und das von ziemlich vielen. Folglich sind wir bei unserem Besuch auf der Kirschblütenallee nicht allein unterwegs; ganz im Gegenteil. Doch man geht sich aus dem Weg, so gut es geht. Es ist einfach herrlich, unter dem Blütendach zu spazieren und ein Stündchen lang so zu tun, als wäre die Welt in Ordnung.


28. April 2019 – Unser erstes Hanami

Bis zu diesem Tag wussten wir von den japanischen Kirschbäumen auf dem Mauerweg noch nichts. Ein zufällig erspähtes Plakat mit dem fremdartigen Wort Hanami darauf, machte uns neugierig und mir machten uns auf, in die Lichterfelder Allee.

Ich will euch an dieser Stelle kurz zeigen, wie es aussieht, wenn das Hanami-Kirschblütenfest richtig stattfindet. Dann ist es ein Volksfest mit Programm und Gedränge, mit Musik und guter Laune.

Dann gibt es Verkaufsstände, Showprogramm, Spiele – eben alles an Geselligkeit und Unterhaltung, was zu einem Volksfest gehört. Und es gibt viele Menschen, dicht gedrängt und (mehrheitlich) fröhlich. Beim Hanami 2019 war es für das Fest Anfang Mai schon höchste Zeit, denn die Blütezeit der Kirschbäume war bereits fast vorüber. Die Blütenblätter begannen überall zu rieseln und bedeckten den Boden mit rosafarbenen Schneeflocken. Dieses Fest, so stand sofort für uns fest, müssen wir uns merken.

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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