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„Sansibar oder der letzte Grund“ von Alfred Andersch

Alfred Andersch schreibt in diesem Roman über die Sehnsucht nach Freiheit in einer repressiven Welt. Wir sind im Herbst 1937. Die Nationalsozialisten haben das Leben in Deutschland mit ihrer Ideologie durchdrungen, sie engen die Menschen ein und stellen ihnen nach. Für einige bleibt nur die Flucht als letzte Option. Im entlegenen Städtchen Rerik an der Ostsee kommt eine Handvoll Leute zusammen, deren Schicksale sich miteinander verweben.

Da ist zunächst der Schiffsjunge. Er bleibt im gesamten Roman der Junge, bekommt keinen Namen. Sein kindlich unbedarfter Traum von Abenteuern in Sansibar schafft es sogar in den Buchtitel. Er stillt sein Fernweh mit den Geschichten über Huckleberry Finn. 

Fischer Knudsen gerät in einen Zwiespalt. Er hat den Kommunisten abgeschworen und will von ihnen in Ruhe gelassen werden, doch seine Hilfe wird gebraucht. Judith, eine junge Jüdin, treibt die Hoffnung nach Rerik, mit einem Schiff nach Schweden der Verfolgung durch die Nazis entrinnen zu können. Judith trifft auf Gregor, einen kommunistischen Funktionär, der eigentlich Fischer Knudsen für die illegale Arbeit gewinnen soll aber selbst gerade an seinen Idealen zweifelt.

Schließlich ist da noch der der Pfarrer Helander. Der sorgt sich um eine Plastik in seiner Kirche, den „Lesenden Klosterschüler“. Sie droht als „entartete Kunst“ abgeholt und vernichtet zu werden, wenn sie nicht schnellstmöglich versteckt werden kann.

Nach und nach geraten, eingebettet in die Atmosphäre der kleinen Hafenstad, die Hoffnungen und Ängste, die Gefahren und Pläne dieser Gruppe von Menschen in Beziehung zueinander. Alle haben mit inneren Konflikten zu kämpfen und individuelle Entscheidungen zu treffen. Schließlich machen sich Knudsen und der Schiffsjunge auf den gefahrvollen Weg über das Meer …

Das Buch ist kunstvoll komponiert. Es setzt den Willen des Einzelnen in Beziehung zu seiner Rolle in der Gemeinschaft. Es sind die allgemein menschlichen Dimensionen des Zusammenlebens unter den Bedingungen einer Diktatur, deren Fragen sich in den vielen Monologen widerspiegeln. Ich habe das Buch bereits mehrmals gelesen, weil es zum einen kurz und zum anderen ein Musterbeispiel für stilistisch ausgefeiltes Erzählen ist.

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(c) Lutz Schafstädt – 2021
Meine Lesezeichen – Gedanken über Bücher

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