Hoppla, das bin ja ich. So kann es gehen, wenn man mit Google etwas in der Vergangenheit kramt. Unversehens trifft man sich selbst und dann auch noch in kompletter Reinraum-Montur. Ich bin der im Profil, das sollte klar sein. Das Foto muss etwa um das Jahr 1983 entstanden sein, da war ich noch ein Jüngling von Anfang zwanzig.
Damals arbeitete ich in der Transistorfertigung. Auf dem Bild hantieren wir gerade mit Siliziumscheiben, die für die Diffusion vorbereitet werden. Wir sitzen an einer Laminarbox, in der ein Strom aus gefilterter Luft den Staub von den Wafern (so nennt der Fachmann die Siliziumscheiben) fernhält, der trotz Reinraumkleidung und Handschuhen zwangsläufig entsteht, wenn Menschen in der Nähe sind. Für die Diffusion (ein Hochtemperaturprozess) kamen die sorgsam aufgereihten Siliziumscheiben in Spezialöfen und wurden bei über tausend Grad mit Bor oder Phosphor geimpft, damit im Silizium unterschiedlich dotierte Schichten entstehen und daraus Transistorchips entstehen konnten. Ich bin gerade verblüfft, wie viele Details mir wieder einfallen. Ich will sie euch ersparen. Doch es waren (und sind es heute noch) komplexe Prozeduren und Verfahren, mit denen man Siliziumkristalle dazu bringt, kleinste Schichten und Bereiche mit unterschiedlichen Leitungseigenschaften aufzunehmen. Ist Halbleitertechnik, braucht man Know-How und viel Technik dazu.
Gewohnt und gearbeitet habe in dieser Zeit in Stahnsdorf, südlich von Berlin. Die Firma hieß erst Halbleiterwerk, dann Gleichrichterwerk und dann Mikroelektronik Stahnsdorf, natürlich immer mit VEB davor. Ich habe dort gelernt und bin bis nach 1989 geblieben, als die „Leistungselektronik Stahnsdorf AG in Liquidation“ daraus wurde. Weiter ging es als übliche Wende- und Abwicklungsgeschichte und auch mich verschlug es zu anderen Aufgaben.
Das Foto habe ich auf der der Website www.robotrontechnik.de gefunden, die nur ganz entfernt mit der Transistorfertigung in Stahnsdorf zu tun hat. Die Gemeinsamkeit besteht in der Zugehörigkeit zum ehemaligen Kombinat Mikroelektronik, in dessen Bildarchiv sich das Motiv vermutlich gefunden hat. Das ist im Grunde auch nicht wichtig. Mich freut, dass es dieses Foto überhaupt gibt. In den Reinräumen wurde nämlich äußerst wenig fotografiert. Schade eigentlich, ich hätte Lust auf mehr davon.
(c) Lutz Schafstädt – 2021
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