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Lindow (Mark): Klosterruinen am Seeufer

Lindow (Mark) ist eine brandenburgische Kleinstadt im Ruppiner Wald- und Seengebiet zwischen Herzberg und Rheinsberg und gehört zu Ostprignitz-Ruppin. Die Klosterruinen am Wutzsee gehen auf ein von den Zisterziensern im 13. Jahrhundert gegründetes Nonnenkloster zurück und sind älter als die sie umgebende Stadt.
#lindowmark


Juli 2020 | Was ich bislang von Lindow wusste, hatte ich bei Theodor Fontane in seinen „Wanderungen“ gelesen. Er war oft und gerne hier und schrieb: „Lindow ist so reizend wie sein Name. Zwischen drei Seen wächst es auf, und alte Linden nehmen es unter ihren Schatten.“ Hübsch gesagt.

Nun nehmen wir den Ort selbst in Augenschein. Die Altstadt steht auf einem schmalen Landstreifen zwischen Gudelack- und Wutzsee. Ich schätze, an der Engstelle ist er kaum 300 Meter breit. Hier stehen die Häuser Schulter an Schulter, dazwischen schlängelt sich die Landstraße und eine Bahnlinie muss auch noch hindurch. Lindow ist wahrlich nicht groß, anderswo haben Dörfer mehr Einwohner, doch die Region hier ist dünn besiedelt und das hat Einfluss auf die Proportionen. Außerdem ist vorhanden, was man von einer Stadt erwartet: Rathaus und Marktplatz. Und Lindow ist Erholungsort. Der Besucher kann wählen, ob er auf dem Campingplatz, in einer Ferienwohnung oder im Hotelbett übernachtet. An Infrastruktur ist alles da, was Urlauber zwischen Frühstücksbrötchen und Abendkarte an Dienstleistungen brauchen. Das Stadtbild ist, sagen wir mal, arm an Höhepunkten. Diesen Mangel an Sehenswertem macht die umgebende Natur jedoch mehr als wett. Die Wege rund um die Seen sind idyllisch, die Wälder weitläufig. Beste Bedingungen zum Durchatmen.

Wir gehen zum Kloster, besser gesagt den Resten davon, denn es wurde bereits im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Selbst Fontane hat das Kloster nur als Ruine gekannt. Übrigens nutzte er es als Vorbild für das Kloster Wutz, von dem er in seinem berühmten Roman „Der Stechlin“ erzählt. So zumindest sagt man.

Noch etwas mehr Geschichte? Das Nonnenkloster der Zisterzienser zog nach seiner Gründung die Ansiedlung von Bauern und Handwerkern nach sich und der Ort Lindow entstand. Die Nonnen waren sehr rührig und mehrten ihren Besitz. Viele Wälder, Seen, Ländereien und Dörfer der Umgebung gehörten bald dem Kloster und kurz vor der Reformation, Anfang des 16. Jahrhunderts, zählte Lindow zu den reichsten Klöstern der Mark Brandenburg.

Nach dem Wechsel zum lutherischen Glauben wurde es ab 1542 zu einem evangelischen Damenstift – und der Zenit der Erfolgsgeschichte war überschritten. Das endgültige Aus kam mit dem Dreißigjährigen Krieg. Die kaiserlichen Truppen fielen in Lindow ein. Stadt, Kloster und die kostbare Bibliothek der Nonnen, mitsamt aller stadtgeschichtlichen Dokumente, gingen in Flammen auf. Von den einst stolzen Bauten blieben nur Giebel- und Mauerreste zurück. In der Folgezeit wurden die Klosterruinen als Steinbruch genutzt, so ließ zum Beispiel auch der Große Kurfürst für den Bau von Schloss Oranienburg hier Ziegel brechen.

Wir schlendern über den Friedhof der Stiftsdamen und Diakonissen, gehen an Giebeln und Mauerresten entlang und spüren den fragmentarischen Grundrissen nach. Wo einst das Konvent des Klosters war, finden heute unter freiem Himmel Lesungen und Konzerte statt. Ein schmaler Weg führt zum Seeufer und von dort in eine parkartige Anlage zurück.

Neben den Klosterruinen gibt es einen neuzeitlichen „Garten des Buches“. Er wurde erst 2019 eröffnet und soll nicht unerwähnt bleiben. Er ist als interreligiöser Schaugarten konzipiert und hat ein begehbares Labyrinth im Zentrum, das den Weg des Lebens symbolisiert. Gesäumt wird er von etwa siebzig Pflanzenarten, die in Tanach, Bibel und Koran, also den heiligen Büchern dreier Weltreligionen, erwähnt werden. So soll auf Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen Judentum, Christentum und Islam verwiesen werden. Schautafeln erläutern jeweils den religiösen Kontext und helfen dem einfach nur kulturell Interessierten auf die Sprünge. Eine interessante Sache, die bestimmt noch eindrucksvoller sein wird, wenn die Pflanzen eines Tages groß und kräftig sind.

Dieser Text ist schon recht lang, deshalb nur kurz und schnell noch zwei Sätze zur Abschlussrunde. Nach unserem Spaziergang am Kloster sind wir, an der Klostermühle und der Skulptur der Nonne Amelie vorbei und geradewegs über den Marktplatz zum Gudelacksee gegangen. Eigentlich wollen wir hier, jenseits der Bahnlinie am Yachthafen, irgendwo einkehren, doch das Gasthaus an der Badestelle hat zu und in der „Seeperle“ ist eine geschlossene Gesellschaft. Also tippeln wir zurück zum Wutzsee und setzen uns in den „Klosterblick“. Eine gute Wahl, denn der Name ist Programm: Unser Tisch steht im Restaurantgarten unter einem alten Baum mit ausladender Krone und wir haben einen zauberhaft von Zweigen verhangenen Blick über den See zum Kloster hinüber.

(c) Lutz Schafstädt – 2023
Unterwegs – Ausflüge und Reiseerinnerungen

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