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„Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley

Ein Meisterwerk unter den großen utopischen Romanen des 20. Jahrhunderts – und mit fast prophetischer Dimension. Schon der Auftakt des Buches wirkt befremdlich: Die Atmosphäre steril, die Beschreibungen minimalistisch, die Charaktere und Dialoge leblos. Die Reise in Huxleys Utopia beginnt in der Normzentrale des Weltaufsichtsrates im Berlin-Dahlem des Jahres 632 nach Ford. Die zivilisierte Welt lebt in verordnetem Glück.

Menschen werden in Laboratorien produziert, für ihre künftigen Aufgaben konditioniert und schon vor der Geburt in Kasten sortiert, die sie zu Führern oder Dienstboten machen. Diabolische Verhältnisse, wie in einem Ameisenstaat. Das Streben nach Effizienz, Fortschritt und Gemeinwohl hat die Individualität plattgewalzt und regelt das Leben des Einzelnen.

Als der Roman 1932 erschien, war auch Huxley nicht in der Lage vorauszusehen, was der Welt noch bevorstand und wie nah, wie schnell wir uns an die Möglichkeiten herangearbeitet haben, seine Utopie, zumindest technisch oder wissenschaftlich gesehen, zur Wirklichkeit zu machen. Mit Diktatur und Fremdbestimmung haben wir unsere Erfahrungen gemacht. Was aber ist mit den subtileren Wegen, den Menschen und sein Denken zu normieren?

Die „Schöne neue Welt“ zeigt, wohin blinder Fortschrittsglaube, Wohlstandssucht und auch die manipulative Macht der Information in ihrer pervertierten Form führen können: In eine eintönige Gesellschaft gesichtsloser Menschen, die mit Rauschmitteln bei Laune gehalten werden. Alle sind glücklich und haben auch keine andere Wahl.

So wundert es nicht, dass man den Charakteren der Geschichte nicht sehr nahekommt, ihnen fast nur aus der Distanz begegnet. Nur in Bruchstücken werden sich die Helden ihrer Lage bewusst, zaghaft ist ihr Widerstand und unspektakulär ihr Scheitern. Im Zentrum steht die Beschreibung der Verhältnisse dieser fiktiven Gesellschaft. Pessimistisch wird aufgezeigt, wie sie funktioniert und wie sie auf die Menschen wirkt.

Wie viel muss schief gehen, damit die Entwicklung in eine so bedrohliche Richtung abgleitet? Eigentlich nicht viel und schnell ließe sich eine Liste aktueller Beispiele anführen. Doch Huxley ging es sicher nicht darum, uns den Optimismus abzugewöhnen. Vielmehr wollte er den Blick dafür schärfen, die Richtung der nächsten Schritte in die Zukunft nicht sorglos, sondern mit Bedacht und wachen Instinkten zu setzen. „Schöne neue Welt“ ist ein Roman, den man gelesen haben sollte.

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(c) Lutz Schafstädt – 2021
Meine Lesezeichen – Gedanken über Bücher

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